Dies ist nun der erste von vielen Freunden und Bekannten lang ersehnte Bericht unserer 2. großen Reise. Wie lange sie dauert, steht noch in den Sternen, aber zunächst haben wir geplant, so ca. ein Jahr unterwegs zu sein. Diesmal wurde einiges während der Zeit vor der Reise besser vorbereitet. … glaubten wir zumindest.
Diesen Bericht schreibe ich in Medellin, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens mit 2,5 Mio Einwohnern. Eine sehr interessante, impulsive Stadt, mit einem alten Kern und drum herum gespickt mit vielen Wolkenkratzern. Die Stadt liegt auf 1500m Höhe, eingebettet in einem langgestrektem Tal, rings herum sind die Berghänge bebaut mit tausenden von Häusern und Hütten. Medellin ist ja auch bekannt als Hochburg der Drogenmafia. Wer noch nicht da, empfiehlt, diese Stadt zu meiden. Ich empfehle, diese Stadt unbedingt zu besuchen.
Aber fangen wir von vorne an … in Pegnitz.
Alles, naja sagen wir fast alles, ist mit Eva und Michaela abgesprochen, es kann losgehen.
2.9.2015: Vier Uhr früh aufstehen, Diana, unsere Nachbarin, fuhr uns nach Nürnberg zum Flughafen. Danke! Ankunft am Flughafen, der Check-in-Desk war leer, Einchecken war schon geschlossen. Davit war wiedermal unsere Rettung, man machte eine Ausnahme. Das Flugzeug kam natürlich in Paris mit Verspätung an und durfte mit noch mehr Verspätung nach einigen Rundungen am Himmel schließlich landen. Der 11stündige Flug von Paris nach Bogota verlief reibungslos, auch der Weiterflug nach Cartagena.
Bienvenido en Suramerica, bienvenido en Colombia!
Was wird so alles auf unserer Reise „passieren“?! Ich habe Galja und Davit angekündigt, dass Südamerika eine ganz andere Welt ist. Das fängt ja schon an mit der nächtlichen Schwüle. Cartagena, mit über 1Mio Einwohner, liegt offiziell auf 2m Höhe. Cartagena hat den wichtigsten Hafen Kolumbiens, wo auch unseren Sprinter am 5.9. ankommen soll. Nach Plan zumindest. Bis dahin wollen wir uns aklimatisieren und die Stadt anschauen. Cartagena ist eine Stadt mit zwei Seiten, eine gut erhaltene Altstadt mit alten Gebäuden, engen Straßen und noch gut erhaltene Festungen, die gegen die Spanier errichtet wurden. Cartagena war zur Zeit der spanischen Invasion in Südamerika zur Zeit der Inkas die Stadt, von wo die erbeuteten Kunstschätze, Gold und Silber nach Spanien verschifft wurden.
Die andere Seite der Stadt sind entlang des Karibikstrandes erbaute Hochhäuser, was mich stark an Panama City erinnert. Der Großteil der kolumbianischen Marine ist in Cartagena stationiert. Die komplette U-boot-Flotte besteht übrigens aus deutschen Booten. Cartagena ist ein beliebter Touristenort, nicht nur für Kolumbianer, sondern aus ganz Südamerika.
Geplant ist, dass wir am 6.9. weiter nach Venezuela fahren. Planen kann man vieles, kommen kann es anders …
Wir haben mit der Korrespondenzspedition, der Fa. Seabridge, die unseren Sprinter von Bremerhafen nach Cartagena verschiffte, Kontakt aufgenommen. Die erste Nachricht war, das daß Schiff einen Tag nach der geplanten Ankunft ankommt. Letztendlich kam das Schiff mit drei Tagen Verspätung an. Wir hatten also noch eine weitere Zwangspause in Cartagena. Zunächst suchten wir das Konsulat von Venezuela auf, um dort das Visum für Galja zu beantragen. Dort sagte man uns, was für Dokumente wir vorlegen müssen, um überhaupt einen Termin zu bekommen. Gesagt, getan, am nächsten Tag standen wir wieder vor der Tür, klopften freundlich an. Die Tür öffnete sich, der Beamte begutachtete mich von oben nach unten und ließ uns nicht herein, weil ich eine kurze Sommerhose an hatte. Da wird man nur mit langer Hose akzeptiert. Das ist übrigens in ganz Kolumbien der Fall, man sieht sehr wenig Männer mit kurzen Hosen. Selbst in Cartagena, einer typischen Touristen- und Urlauberstadt trägt der Mann lange Hosen.
Also zurück ins Hotel, umziehen und wieder zum Konsulat, Dokumente abgeben, am nächsten Tag hatte Galja ein Visum, gültig ein Jahr, in der Hand. Wir haben uns gefreut. Am nächsten Morgen während des Frühstücks im Hotel sahen wir im Fernsehen einen Bericht über die Grenzprobleme zwischen Kolumbien und Venezuela. Alle Grenzübergänge per Land wurden von Seiten Venezuelas bis auf weiteres geschlossen. Wir erkundigten uns bei dem Konsulat nach der Situation, welches bestätigte, daß die Grenzen geschlossen sind, man konnte uns auch nicht sagen, wie lange. Der Grund für diese Maßnahme sind kolumbianische Schmugglerbanden, die Lebensmittel und Benzin zu günstigen Preisen in Venezuela einkaufen und in Kolumbien zu hohen Preisen wieder verkaufen. Bei einer Personenkontrolle auf der Seite Venezuelas wurden von kolumbianischen Schmugglern Soldaten von Venezuela angeschossen, dies war der Initialgrund für die Grenzschließungen. Die Regierung von Kolumbien unternimmt gegen die Schmuggler nichts, so versucht jetzt Venezuela mit Gewalt die Regierung von Kolumbien zu Maßnahmen zu zwingen. Das allgemeine Preisniveau für Lebensmittel und sonstige Waren ist wesentlich günstiger als das in Kolumbien. Benzin kostet in Venezuela um die 20 €cent per Liter, in Kolumbien 2€. Da bietet sich der Schmuggel an.
Aufgrund der unklaren Situation an der Grenze entschieden wir, unsere Reiseroute zu ändern. Statt im Uhrzeigersinn um Südamerika zu reisen, fahren wir jetzt entgegen dem Uhrzeigersinn um Südamerika. Galja’s erste Reaktion war die Frage, ob wir dadurch den brasilianischen Karneval in Rio miterleben können. Die Chancen stehen dafür gut.
Wir machten Reisepläne, obwohl wir unseren Sprinter noch gar nicht aus dem Hafen bekamen. Angeblich kam das Schiff drei Tage später in Cartagena an. Es war eine schwierige Geburt, unseren Sprinter aus dem Hafen zu holen. Spedition, Reederei, Hafen, Zoll, Versicherung, überall Gebühren zahlen, nicht bar sondern per Überweisung, also Banken suchen und als Nichtkolumbianer Überweisungen tätigen, das sind Aktionen, die wir in Deutschland nicht kennen. Ein weiteres richtiges Problem war die Tatsache, daß Davit der Halter des Sprinters ist und Wieland der Fahrer. Wir mußten sogar einen Notar aufsuchen, der bestätige, daß Davit selbst nicht fahren kann. Davit’s Reisepass enthält keine Unterschrift, in der Zeile der Unterschrift ist ein dicker schwarzer Balken angebracht. Deswegen mußte Davit xmal seinen Fingerabdruck auf alle Dokumente aufdrücken. Nach 3 (drei!) Tagen konnte ich schließlich mit dem Sprinter aus dem Hafengelände herausfahren. Hurraa!
Es kann jetzt so richtig losgehen. Noch eine Nacht in Cartagena, dann fahren wir in Richtung Ecuador. Die ersten zwei Tage fuhren wir entlang der Nationalstraße 25 gen Süden, rechts und links viel Obst- und Gemüseanbau, viele Kühe weiden auf grünen Wiesen. Kolumbien hat relativ wenig industrielle Produktion, als ehemaliger Cherryaner ist mir jedoch die Firma ZF irgendwo in der Gegend von Sincelejo aufgefallen. Es gibt wenig Autoproduktionen, lediglich die Marken Renault (Duster), KIA, Hyundai und Chrysler fallen auf den Straßen auf. Renault liefert alle Einzelteile nach Kolumbien, die dann dort zusammengebaut werden. LKWs (gebraucht) kommen fast ausschließlich aus USA. Deutsche Auto sieht man nur vereinzelt. Kolumbien exportiert sehr viel Kaffee, Kakao, Obst und Textilien.
Die erste Nacht nach Cartagena verbrachten wir in der Nähe der Stadt Sincelejo auf einem Parkplatz eines „Autohotels“, auch diesmal merkten wir dies erst, als nach uns ein Motorrad mit zwei jungen Leuten (Junge und Mädchen) auf den Parkplatz und ohne Stop in die Garage direkt neben dem Zimmer hineinfuhren. Der Hotelbesitzer rannte zur Garage und machte das Tor zu. Nach ca. zwei Stunden fuhr das Motorrad wieder raus, weg waren sie …
Die zweite Nacht verbrachten wir neben einem Ressort-Hotel. An dem Hotel ist eine Kaiman-Zucht angeschlossen. Ich neige manchmal etwas zu übertreiben, aber dort waren Millionen von Kaimanen zu sehen, die als Delikatesse in guten Restaurants angeboten werden. Bilder dazu folgen.
Die bisherige Fahrt bescherte uns keine spektakulären Landschaften, das änderte sich am 3. Tag, wir fuhren in die Berge, auch die Temperaturen gingen nach unten, wir brauchten in der 3. Nacht keine Klimaanlage. Was sich auch änderte, war das Verkehrsverhalten der Lkw-Fahrer. Die Straße schlängelte sich nach oben, trotz unübersichtlicher Rechtskurven überholt ein Lastwagen den anderen. Für mich sind die kolumbianischen Lkw-Fahrer reine Kamikaze-Fahrer. Unfälle haben wir trotzdem nicht beobachtet.
Auf einer Strecke von ca. 100 km vor der Stadt Medellin beobachteten wir eine sehr starke Militärpräsenz, alle paar km stehen Soldaten mit Gewehren in den Händen neben der Straße. Wir haben den Plan aufgegeben, irgendwo in den Bergen im Auto zu schlafen, so wie es uns auch von anderen Leuten nicht empfohlen wurde. In Kolumbien soll man nachts möglichst „eingezäunt“ das Auto parken. So verbrachten wir die Nacht in der Stadt Yarumal, ca. 80km vor Medellin, auf einem abgeschlossen und bewachten Pkw- und Lkw-Parkplatz. Das einzige, was uns etwas störte, war ein neben uns abgestellter Lkw mit lebenden jungen Kühen, die offensichtlich Hunger hatten.
Ankunft in Medellin. Welche Stadt! 1.5 Millionen Einwohner. In einer Höhe von 1500m. Fantastisch eingebettet in einem großen Tal. Ein Häusermeer bis hinauf gebaut auf die Berghänge. Einen Abend verbrachten wir in der Innenstadt, wo wir das lebendige Treiben der Menschenmassen beobachteten. Aber leider gibt es hier auch sehr viel Menschenunwürdiges zu sehen. Nirgends in der Welt haben wir so viele Personen beobachtet, die einfach auf den Bürgersteigen liegen und dort schlafen. Mülleimer werden durchwühlt nach Essbaren. Überall starke Polizeipräsenz. Wir wollten die zwei wichtigsten Kirchen, die Catedral Metropolitana und Basilika de la Candelaria besichtigen, aber beide waren – auch tagsüber – geschlossen. Zur Zeit der Öffnung sind angeblich beide Kirchen von Obdachlosen bevölkert, so konnten wir sie nur von außen sehen.
Hier in Medellin besuchten wir das chilenische Konsulat, um ein Visum für Galja für Chile zu beantragen. Zu viele Dokumente, die das Konsulat forderte, z. B. Gesundheitszeugnis, was wir natürlich nicht dabei haben, veranlassten uns, das Visum in Quito, Lima oder La Paz zu beantragen. Außerdem hätte die Erteilung eines Visums eine Woche Bearbeitung gedauert.
Wir verlassen Medellin vorwiegend in guter Erinnerung und fahren gen Süden, zunächst in Richtung Cali. In ca. einer Woche werden wir an der Grenze nach Ecuador sein. Vorher gibt es aber noch einen Bericht und auch interessante Bilder.